Mittelalter in Hauzenberg – Rückblick und zugleich Einstieg

Für mich ist Hauzenberg weniger ein Rückblick sondern vielmehr ein Einstieg, denn für mich war es mein erstes Lager mit Unterm freyem Banner. Natürlich war die Aufregung enorm und obwohl ich mir wochenlang den Kopf darüber zerbrochen habe, was ich alles mitnehme, hatte ich doch das Gefühl blauäugiger als blauäugig in mein erstes Lager gestartet zu sein.

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27. September 2018  /  Rückblicke

Nur bewaffnet mit meinem ersten selbstgenähten Kleid, etwas Geschirr, meiner Flöte, einem Schlafsack und einer Isomatte hat mich Flo mit dem Auto am 26.04 eingesammelt und ab ging die Post nach Hauzenberg bei Passau.

Willkommen im Bayerischen Wald

Dort angekommen erwartete uns neben dem Zeltaufbau auch ein kleines Feuerholzchaos, was jedoch nicht dazu beitrug, dass die Stimmung aller Lagernden kippte. Das Gegenteil war eher der Fall: Jeder packte mit an und so wurden Unmengen an Holz unter munterem Geplauder, etwas Gefluche, wenn der Stapel in sich zusammenstürzte oder das Holz nass war, umgeschichtet, aufgetürmt und nahe der Feuerstelle zum Trocknen gestapelt.

Chris führte hier nur ganz verwundert an, weshalb ich denn keine Handschuhe mitgenommen hätte. Dies wäre doch essenziell! Tja, Blauäugigkeit lässt grüßen! Jetzt weiß ich auf jeden Fall was ich das nächste Mal mitzunehmen habe. Das wird die Arbeit ungemein erleichtern und meine Finger werden sicher vor Freude noch fester zupacken können.

Dann kam die erste Nacht

Nach dem Schichten, den letzten organisatorischen Einkäufen und einem gemütlichen Abendessen unter dem Sonnensegel freute ich mich auf meine erste Nacht im Zelt. Die Vorfreude zerplatzte jedoch schlagartig mitten in der Nacht, als ich merkte wie kalt es eigentlich war. Unvorstellbar! Kälte in der Nacht? Daran hätte ich eigentlich denken müssen. Mit meiner Isomatte und der zusätzlich geliehenen Matte von Flo war meine erste Nacht mehr als frisch und vor allem hart.

Blauäugigkeit – die Zweite – erwischte mich mit aller Macht! Deswegen war es nicht sehr verwunderlich, dass ich am nächsten Morgen äußerst früh und zerknautscht aus dem Zelt krabbelte. Doro fragte mich daraufhin wie ich denn geschlafen hätte und klagte ich ihr mein Leid, was für Lacher und meine Rettung sorgte: eine Luftmatratze! Im Übrigen schlief ich die nächsten Nächte wie auf einer Wolke.

Für die drei Damen das erste Lager: Anne, Gudrun und Julia

Für die drei Damen das erste Lager: Anne, Gudrun und Julia

Mit dem Morgen des 27. April begann nun offiziell das Lagerleben. Natürlich haben wir uns nicht lumpen lassen und gearbeitet was das Zeug hielt, um den Besuchern zu zeigen wie Alltag damals ausgesehen haben könnte. Jeder hatte Aufgaben zu erledigen und wer keine hatte, der hat sich eben eine gesucht. Flo machte sich mit tatkräftiger Unterstützung von Lagermama Waltraud daran eine geschmackvolle, zeitgenössische Unterhose zu schneidern. Das Ergebnis kann sich wirklich sehen lassen!

Kunstvolles Handwerken

Manfred zeigte sein gesamtes Können in der Herstellung von Messergriffen und der Verarbeitung von Leder. Interessant war das auf jeden Fall, denn so lernte nicht nur ich wie man aus einem einfachen Stück Leder eine Tasche nähte, auch Gudrun fertigte eine elegante Gürteltasche an, die mit Stolz getragen wurde. Doch nicht nur Leder, Gürteltaschen und Unterhosen wurden gefertigt, sondern auch Nähverbesserungen an Kleidern und Kopftüchern vorgenommen. Auch erblickte ein filigraner Holzlöffel das Licht der Welt. Was man alles aus einem einfachen Stück Holz mit Muße und Geduld schnitzen kann ist doch wirklich unglaublich.

Formschön und funktional zugleich: Der Holzlöffel aus einer Herstellung.

Formschön und funktional zugleich: Der Holzlöffel aus einer Herstellung.

Wurde sich einmal nicht handwerklich betätigt, wurde gekocht oder das Feuer in der Feuerschale beaufsichtigt. Denn, das Feuer musste den ganzen Tag am Brennen gehalten werden. Jedoch kann ich sagen, dass das Kochen – oder eher Braten – die meiste Aufmerksamkeit auf unser Lager gezogen hat. Das war wirklich ein Anblick und allein der Gedanke daran lässt mir den Zahn tropfen. Denkt man, dass gebratener Steckerlfisch bereits berauschend ist, so haut einen das Spanferkel, welches mit viel Liebe, emsiger Geduld und noch mehr Schweiß den ganzen Tag über gedreht und geröstet wurde, komplett vom Hocker. Leckeres Fleisch, schön mit Preiselbeere-Marmelade in Fladenbrot gesteckt, bei knisterndem Feuer mit viel Gelächter zu verputzen, wärmte einem nicht nur den Bauch, sondern auch die Seele. Man hätte sich in dieses Essen gänzlich reinlegen können!

Shopping auf dem Mittelaltermarkt

Jedoch bestand sehr wahrscheinlich der Alltag damals nicht nur aus Kochen und Handwerk, sondern auch aus der Lieblingsbeschäftigung vieler Menschen der Moderne: Einkaufen! Fast jeden Abend zogen wir geschlossen über den kleinen Markt von Hauzenberg, bestaunten die vielen Kostbarkeiten, Felle, Speis und Trank, Töpferwaren und was sonst noch jedes Augenpaar leuchten ließ. Fündig wurde jeder, ob nun Dank einem kleinen Leckerbissen, einem berauschenden, kühlen Getränk (denn tagsüber war es erstaunlich warm, im Gegensatz zur Nacht), Armreife oder einem getöpferten Becher.

Zu erleben gab es somit viel, unter anderem den großen Pfeilhagel am letzten Tag, in dem hunderte von Pfeile durch die Luft sirrten wie ein Schwarm Bienen.

Pfeile soweit das Auge reicht. Der Pfeilhagel in Hauzenberg gehört zu den größten Veranstaltungen dieser Art.

Pfeile soweit das Auge reicht. Der Pfeilhagel in Hauzenberg gehört zu den größten Veranstaltungen dieser Art.

Das Fazit fällt positiv aus

Für mich war mein erstes Lager ein einziges Abenteuer voller neuer Eindrücke und Aktivitäten, die ich noch nie gemacht hatte. Wann kam ich denn jemals dazu Leder zu verarbeiten oder zu sehen wie ein Spanferkel aufgespießt wurde oder in fröhlicher Runde gemeinsam am Feuer zu sitzen? Obwohl ich neu war habe ich mich sofort geborgen gefühlt und konnte in diesen paar Tagen besser abschalten sowie zur Ruhe kommen, trotz zeitigem Aufstehen und allerlei Arbeit. Deswegen bin ich schon jetzt Feuer und Flamme, wenn es auf ein neues Lager im Jahr 2019 geht!

 

Bildergalerie von Hauzenberg

Einige Eindrücke vom Zeitsprung in Hauzenberg vom 27. – 29. April 2018.