Bayuwarenhof in Kirchheim 2019

Museum mal anders: Ein Zuhause im Bayuwarenhof

Welch große Zusammenkunft war es doch, die da hat sich zugetragen im Bayuwarenhof an einem Novemberwochenende des Jahres A.D. 2019. Okay okay – mal das alberne Geschwätz beiseite. Nur weil wir ein Mittelalterverein sind, heißt es ja nicht, das wir uns fortwährend auch so gekünstelt ausdrücken. Wir reden eigentlich so wie uns der Schnabel gewachsen ist. Und mit allergrößter Sicherheit war es in den letzten Jahrhunderten und Jahrtausenden genauso.

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30. November 2019  /  Wissenswertes

Jetzt aber wieder zurück zu unserem Novemberwochenende. Wir haben das wechselhafte Wetter genutzt und sind ganz nach moderner Tradition mit dem Auto – nicht mit der Kutsche oder dem Pferd – nach Kirchheim, einem Vorort Münchens, gereist. Warum es uns hierher verschlagen hat? Naja, das Mittelalter eben.

Die Gemeinde ist geschichtlich gesehen nicht sehr bedeutend. Doch hat sie mit ein paar umliegenden Ortschaften in der Münchner Schotterebene eine große Gemeinsamkeit, wie wir später erfahren sollten: Kirchheim war Siedlungsgebiet der Bayuwaren, dem namengebenden Stamm für das heutige Bayern. Aus archäologischer Sicht ist die Ortschaft ein Segen. Denn hier und in den umliegenden Gemeinden Aschheim und Feldkirchen hat man außergewöhnlich viele Bodenfunde auf dem Frühmittelalter zu Tage befördert. Soweit zum gesamtgeschichtlichen Kontext.

Rekonstruktion ist das Zauberwort

Natürlich hat uns nicht die Chronik angetrieben. Sondern eine rekonstruierte merowingerzeitliche Hofanlage, die sich in Kirchheim befindet. Der sogenannte Bayuwarenhof ist ein realitätsgetreues Freilichtmuseum das seit 2003 unter der Federführung von Archäologen und Mitwirkung vieler Ehrenamtlichen betrieben wird.

Wird in 2020 abgerissen und neuaufgebaut: Das älteste Gebäude des Bayuwarenhofs

Wird in 2020 abgerissen und neuaufgebaut: Das älteste Gebäude des Bayuwarenhofs

Ein Museum? Da denkt man erstmal an eine langweilig Ausstellung. Aber hier gibt es Mittelalter zum Anfassen, zum Bestaunen, zum Mitmachen. Man nennt das experimentelle Archäologie. Das passt zu unserer Gruppe natürlich wie die Faust aufs Auge. Neben einem buntem Veranstaltungsprogramm wartet das Museum, welches nur am Wochenende geöffnet hat, mit vier Gebäudetypen und zwei Nutzgärten auf. An dieser Stelle nochmal ein großer Dank an Museumsleiterin und Archäologin Jennifer Bagley. Sie hat uns den Bayuwarenhof so schön nahegebracht.

Warum interessiert uns experimentelle Archäologie?

Dazu muss man sich in unsere Lage versetzen: Wir als Mittelaltergruppe lagern Jahr für Jahr bei Wind und Wetter in unseren – ja genau – Zelten. Natürlich verstehen wir die Zusammenhänge, unter welchen Bedingungen die Menschen damals gelebt haben. Aber in einem Zelt haben sie definitiv nicht gehaust. Und nur sehr wenige in einer Burg. Wie heutzutage gabe es Siedlungen in Klein und Groß. Und die Bewohner bewohnten Hütten und Häuser – gebaut aus Holz, Stein, Lehm und Stroh.

Da kann ein Museum wie ein Geburtstagsgeschenk sein: Endlich erleben, wie man in frühmittelalterlichen Gebäude lebte und arbeitete. Vielleicht nimmt der eine oder andere sogar ein paar Erkenntnisse und Ideen mit – für unser Zeltlager. Und natürlich kommen da viele Fragen auf:

  • Wie war die Feuer- und Kochstelle beschaffen?
  • Wie viele Menschen haben unter einem Dach gelebt?
  • Welche Probleme ergaben sich mit dem Schilfdach?
  • Wie hat man die Wände errichtet?
  • Wie warm war es im Winter in einem solchen Gebäude, das über keine Isolierung nach heutigen Standards verfügt?

Kann man im Bayuwarenhof auch übernachten?

Zu unserem Bedauern wurde letztere Frage von Jennifer Bagley leider verneint. Leider und wie so oft im Leben haben die Behörden zu viele Auflagen für eine derartige Nutzung in ihrem Schreibtisch versteckt. Wir können nur hoffen, dass hier irgendwann ein Umdenken einsetzt. Denn nur so können wir weitere Erkenntnisse zum Leben im Mittelalter gewinnen.

Viele Geschichten wurde erzählt und ebenso viele Fragen wurden beantwortet. Was bleibt ist der Eindruck und der Ansporn, dass wir den Bayuwarenhof in Kirchheim bald wieder besuchen werden.

Unter freyem Banner im großen Langhaus des Bayuwarenhofs

Unter freyem Banner im großen Langhaus des Bayuwarenhofs

Weiterführende Links

Der Bayuwarenhof in Kirchheim ist nur eines von vielen Freilichtmuseen in Europa. Weitere interessante Einrichtungen im süddeutschen Raum: